STATION 12: DAS TAUSCHGESCHÄFT
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INFORMATIONEN ZUR STATION 12: DAS TAUSCHGESCHÄFT
(Grundlage für diesen Beitrag ist der Aufsatz von Carl. J. Bachem: „1299-1999 -700 Jahre Bechlinghoven: „700 Jahre abseits des Weltenlärms“ abgedruckt in der Festschrift anl. der 700-Jahr-Feier von Bechlinghoven im Jahr 1999).
Eine Urkunde vom 3. September 1299 enthält den Beweis! Der Ort Bechlinghoven ist mindestens 725 Jahre alt. In einem Tauschvertrag zwischen dem Stift Vilich und Dietrich I. von Heinsberg, dem Herrn von Blankenberg, übertragen (tauschen) die Beteiligten Güter aus ihrem jeweiligen Besitz in Bechlinghoven und Attenberg (in der Nähe der Stadt Blankenberg im Siegtal).
Quellenangabe: LAV NRW R, AA 0529 Vilich, Rep. u. Hs. Nr. 2, Bl. 12V
Der Kapitelshof
Der Herr von Blankenberg erhält also Grundbesitz im allernächsten Umfeld seiner Stammburg, während das Stift Vilich „Güter” in seinem engeren Einzugsgebiet erwerben kann. Eine nähere Bezeichnung für diese “Güter in Bechlinghoven” fehlt. In zahlreichen späteren Dokumenten wird ein „Kapitelshof” zu Bechlinghoven genannt, also ein landwirtschaftliches Anwesen, aus Hof und Ländereien bestehend, das eindeutig dem Kapitel des Vilicher Stifts zuzuordnen ist.
Von diesem Kapitelshof ist insbesondere in einem „Weistum” die Rede, das über Jahrhunderte die gemeinsame kommunale Rechtsordnung für Holzlar und Bechlinghoven, die eine Art gemeinsamer Gemeinde bildeten, darstellte.
Das Weistum stammt aus dem Mittelalter, ist uns in seiner ältesten schriftlichen Fassung aber erst aus dem Jahr 1646 bekannt.
Hof des Bachilo?
Es ist inzwischen wissenschaftlich unbestritten, dass das Suffix -ing(en) „jede Art der Zugehörigkeit” bezeichnete, gleichgültig, ob es sich um die Leute einer Sippe oder eines Grundherrn handelte.
„Bechlinghoven” bedeutet also: Hof eines gewissen Beck (Bech) oder Beckil (Bechil), ein Personenname, der nach dem Sprachwissenschaftler H. Dittmaier “mit dem Namen „Bachilo” gleichzusetzen ist.
Das Wort Bechlinghoven dagegen als „Bächleinhoven” zu erklären, also als Hof am Bach, nämlich hier am Mühlenbach, wie es auch in jüngerer Zeit noch geschehen ist, dürfte inzwischen als verfehlt feststehen.
Beckil/Bachilo ist also der erste – uns heute bekannte – Bechlinghovener; er dürfte zugleich der Gründer unseres Ortes sein.
Als 1299, die Höfe getauscht wurden, hatte die Siedlung Bechlinghoven schon bestanden, vermutlich bereits seit langer Zeit zuvor.
Pützchen war nur eine Wallfahrtsstätte
Pützchen dagegen war nur der Wallfahrtsort: Brünnchen, Kapelle, Kirche und Kloster. Als Ortschaft entstand es erst im 18. Jahrhundert, teilweise übrigens auch auf Teilen der Bechlinghovener Gemarkung.
Der Ortsname („Pützgen”) wird erstmals 1808 genannt; zuvor war stets nur von dem Adelheidis-Brunnen als solchem die Rede (um 1689 „Adelheidis Pütz”, 1749 „Adelheidis Pützgen”).
Die „Honschaft“ als Verwaltungseinheit
Bechlinghoven und Holzlar waren territorialrechtlich getrennte Ortschaften, bildeten dennoch aber eine kommunale Einheit, seit dem Mittelalter „Honschaft“ genannt. Diese Bezeichnung geht auf das Wort “Hundertschaft” zurück.
Den Autoren Dr. Rudolf Cramer und Hermann Thiebes ist die wissenschaftliche Aufarbeitung zu verdanken, die in ihr 1994 erschienenes Buch “Die Honschaft Holzlar, Bechlinghoven und Kohlkaul mit ihrem Weistum von 1646” eingeflossen ist.
Viehtränke – Lehmgrube – Zuchtstier
Der Kapitelshof – mit seinen 110 Morgen Land, 13 Morgen Wiesen und 9 Morgen Wald (19. Jh.) – war in gewisser Weise das materielle Rückgrat der Gemeinde. Er hatte ständig für alle Nachbarn eine Viehtränke zu unterhalten. Sie befand sich vermutlich dort, wo heute die Häuser Müldorfer Straße 57 bis 69 stehen. Sie ist der Grund für den Bogen, den die Straße hier beschreibt.
Für ihren Hausbau hatte der Hof den Lehm anzubieten, den wichtigsten Baustoff überhaupt, für Gefache, Verputze und Böden; dazu stellte er eine Lehmkaule draußen im Feld zur Verfügung; sie lag in der Flur „In der Broichgasse” der heutigen Glückstrasse entlang. Und er hielt das Zuchtvieh vor, einen Stier nämlich.
Es ist nicht auszuschließen, dass genau diese für das Dorf so existenziellen Grundleistungen der oder wenigstens ein Grund für das Interesse des Vilicher Stiftskapitels gewesen war, 1299 diesen Hof bewusst zugunsten der Angehörigen seines Kirchspiels zu erwerben.
Der Name „Kapitelshof“ beruht darauf, dass die Einkünfte aus dem Hof dem Kapitel des Stiftes in Vilich zustanden.
Das Kapitel bezeichnet die Gemeinschaft der Stiftsangehörigen.
Zugleich auch Schutzhof
Aus dieser Zeit mag auch noch das altgermanische Recht des „freyen Schutzhoffs” herrühren, als welcher der Kapitelshof fungierte: “… daß kein Persohn, auß waß Uhrsachen es wehre, in die Hoffrechtbezirk innerhalb dreyen Tagen keinen gefänglich angreiffen werdten, wan er die Zuflucht darin nimbt”.
Wo lag der Kapitelshof?
Wie 1819 die Karte von Tranchot-Müffling eindeutig belegt, bestand damals im heutigen westlichen Straßendreieck, das die Müldorfer Straße mit der Alten Schulstraße bildet, ein sehr großes Vierseitgehöft fränkischen Typs. Die beiden Parzellen, modern bebaut (Alte Schulstr. 2 und Müldorfer Str. 102 samt Hinterhaus), waren von dem Hofgrundriss voll bedeckt. Alte Bechlinghovener berichten, dass man dort noch nach dem Krieg auf Eichenbalken im Boden gestoßen sei.
Die Straßenführung ist heute wie vor 200 Jahren unverändert wie auch der gesamte Grundriss des Ortskerns überhaupt. Kam man einst von Holzlar, so führte der Weg geradeaus, vermutlich durch ein gewaltiges Tor, unmittelbar in den Kapitelshof hinein.
Dieses Gehöft ist auf der genannten Karte mit Abstand größer als jedes andere. Es dürfte nach der Säkularisation von 1803 und dem anschließenden Übergang in Privatbesitz im Laufe des 19. Jahrhundert abgegangen sein.
Die erste Besiedlung Bechlinghovens
Seit der Mitte des 3. Jahrhunderts n.Chr. kommen die Germanenstämme in Bewegung. 255 treten sie bei uns als Franken in Erscheinung; sie durchbrechen zum ersten Mal den römischen Limes.
Als die Römer ihre Rheingrenze in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts aufgeben, besiedeln die Franken die Siebengebirgsbucht in einer geschlossenen Siedlungskette, die von Rheindorf (Gensem) im Norden bis nach Honnef im Süden und bis nach Hennef im Osten reicht.
Merowinger siedeln in Bechlinghoven
Im Rahmen einer zweiten fränkischen Siedlungswelle (sog. Rodeperiode), zwischen 500 und 800 etwa, entsteht eine erste Hofes-Siedlung in Bechlinghoven. Insofern könnten wir heute, was Bechlinghoven als Siedlungsplatz angeht, gut und gerne auch sein mindestens 1000jähriges Bestehen feiern.
(vgl. dazu auch Station 10 des Geschichtsweges „Erst die Merowinger“)
Bechlinghoven ist Grenzort
Nachdem Heinrich III von Sayn 1246/47 kinderlos verstarb, ging seine Grafschaft an zwei Neffen über, was zu einer Teilung in das Land Blankenberg und in ein (neu geschaffenes) Land Löwenberg führte.
Von dieser Teilung wurden Holzlar und Bechlinghoven in ganz besonderer Weise betroffen. Territorialgrenzen in der Morphologie der Landschaft suchend, galt der Mühlenbach als natürliches Scheidemal. Holzlar, fast ausschließlich auf der Nordseite des Baches, wurde blankenbergisch, Bechlinghoven, auf der Südseite, löwenbergisch.
Trennung währt 700 Jahre
Diese Trennung sollte sich bis in unsere Zeit hinein auswirken. Nachdem das Herzogtum Berg, an das beide im 15.Jh. gelangt waren, 1815 an Preußen fallen war, stellte die Ämtergrenze zwischen Holzlar und Bechlinghoven die neue Grenze des Landkreises Bonn mit dem Siegkreis dar.
Das kurkölnische Vilicher Ländchen (Vilich, Vilich-Rheindorf, Combahn, Gensem, Schwarzrheindorf (ohne Stift), Geislar), einschl. der Bergischen Dörfer Bechlinghoven, Pützchen und Beuel sowie die heutigen sog. LiKüRa-Orte (Limperich, Küdinghoven, Ramersdorf), einschließlich Holtorfs waren bereits 1808 von Napoleon zur Mairie/Munizipalität resp. Bürgermeisterei Vilich zusammengelegt worden. Der Verwaltungssitz war Vilich, mit Leonhard Stroof als erstem Bürgermeister. Aus Bechlinghoven sind in jenem ersten Gemeinderat (Scheffen) Christian Mertens und Heinrich Schumacher überliefert.
Seitdem gehört das ehemals löwenbergische Bechlinghoven mit Pützchen zur Gemeinde Vilich, die später in Gemeinde Beuel umbenannt, 1952 zur Stadt Beuel erhoben wurde und schließlich 1969 als Stadtbezirk Beuel im neuen Bonn aufging.
Diesem Stadtbezirk wurde auch das ehemalige blankenbergische Holzlar, zusammen mit den gleichfalls blankenbergischen Orten Roleber, Gielgen, Hoholz sowie Ungarten und das bergische (löwenbergische) Oberkassel zugeschlagen.
Territorialrechtlich wurden damit Holzlar und Bechlinghoven seit 700 Jahren erstmals wieder vereinigt.
DANKSAGUNG
Die Gestaltung dieser Station des Geschichtsweges wurde dank finanzieller Unterstützung von Arno Kleemann ermöglicht.
Wir danken dem Denkmal- und Geschichtsverein Bonn Rechtsrheinisch e.V. und dem Landesarchiv NRW für wertvolle Hinweise und die freundliche Überlassung von Fotos.