
STATION 10: ERST DIE MEROWINGER
NAVIGATION ZUR STATION: MEROWINGER
Der blaue Marker zeigt Ihre aktuelle Position an, der rote Marker den Standort der Station 10: Merowinger und Franken.
Um sich dorthin navigieren zu lassen, klicken/drücken Sie auf den roten Marker. Es öffnet sich ein Fenster, dort klicken/drücken Sie bitte auf „Routen“.
Es öffnet sich eine Seite, wo Sie angeben können, ob Sie mit dem Auto, zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Station geleitet werden wollen.
INFORMATIONEN ZUR STATION 10: ERST DIE MEROWINGER
Zugegeben, es ist schon viel Phantasie erforderlich, um sich vorzustellen, dass auf der Fläche des heutigen Gewerbeparks Am Mühlenbach und auf der anderen Seite der B 56 Menschen gesiedelt haben.
Wir müssen weit in die Geschichte zurückgehen, nämlich in das 6. bis 8. Jahrhundert. Es ist die Merowingerzeit. Als Merowinger wird das älteste bekannte Königsgeschlecht der Franken bezeichnet. Es prägte im gallisch-germanischen Raum die Epoche des Übergangs von der Spätantike zum frühen Mittelalter.
Schließen wir also die Augen und stellen uns vor:
Bauern und Handwerker suchen eine Stelle, wo sie sich niederlassen können. Hier werden sie fündig. Der Platz ist gut gewählt. Gleich zwei Bäche bringen frisches Wasser vom nahen Ennert herunter. Der Boden ist fruchtbar. Hier würde alles gedeihen, was sie und ihre Tiere zum Leben brauchen, Roggen, Hafer – und Lein, aus dem sie Flachs für die Herstellung von Leinenstoff spinnen können.
Hinzukommt dass dieser Platz an einer alten Straßenverbindung liegt, die bereits in der Eisenzeit (800 – 900 vor Chr.) bestand und den Rhein mit dem Bergischen Land verband. Sie verlief vom alten Rheinübergang bei Schwarz Rheindorf über Vilich, Vilich Müldorf, Hangelar und Niederpleis (Alte Herrstraße in Niederpleis) in Richtung Hennef. Im weiteren Verlauf über den Höherücken der Nutscheid nach Osten.
Also fingen sie an, Häuser zu bauen. Sie rammten Pfosten in den Boden, so nah wie möglich am Bach und doch weit genug davon entfernt, um nicht bei jedem starken Regen und zu jeder Schneeschmelze überschwemmt zu werden. Zwischen den Pfosten schichteten sie Wände aus Ästen und Lehm auf, am Ende legten sie Strohdächer darüber. Eine Siedlung entstand. Vor 1500 Jahren.
Häuser zeugen von großer Siedlung
Bei Grabungen entdeckten Archäologen des Landschaftsverbands Rheinland wertvolle Hinweise: Verfärbungen des Erdreichs, einst mussten da Pfosten gesteckt haben. Und diese Pfostenlöcher ließen sich zum Grundriss eines Hauses ergänzen. Dann kamen Reste von Keramik aus dem Boden, mehr Brösel als Scherben. Kaum hatten sie den Grundriss des einen Hauses vollständig freigelegt, da war schon das nächste Haus zu erkennen. 2013, nach sieben Jahren Arbeit, sind die Archäologen bei Gebäude Nummer 94 angelangt, dafür haben sie eine Fläche von gut 20 Fußballfeldern durchwühlt.

Eine der größten Siedlungen der Merowinger in Deutschland
Und auch wenn die Gebäude im Verlauf mehrerer Jahrhunderte und noch bis ins Hochmittelalter entstanden sind, so haben die für die Grabungen zuständigen Archäologen des Landschaftsverbands Rheinland doch Grund zum Jubel, denn ein großer Teil der Häuser, rund 80 Stück, stammt aus der Zeit zwischen dem 6. und dem 8. Jahrhundert. Damit stellt der Fundplatz in Bechlinghoven eine der größten bekannten Siedlungen der Merowinger in Deutschland dar.
Langhäuser und Grubenhäuser
Die Siedler bauten nicht nur Langhäuser, die an die westfälische Bautechnik jener Zeit erinnern, sondern auch in den Boden eingetiefte Häuser.

In solchen Grubenhäusern herrschte eine gleichmäßig hohe Luftfeuchtigkeit – eine Voraussetzung, um Flachs zu Leintuch verarbeiten zu können. In der Siedlung lebten und arbeiteten Handwerker und Bauern; in den Grubenhäusern wurden beispielsweise die Reste von Textilhandwerksbetrieben in Form von Webgewichten aus Stein und Ton, Bäckereien, Töpfereien, aber auch eisenverarbeitenden Werkstätten nachgewiesen.
Konkrete Funde aus Metall wurde nur wenige gemacht, eine versilberte Gürtelschnalle etwa, oder eine gelochte Münze mit einem Christusmonogramm.

Übungslager aus der Römerzeit
Aber auch schon in der Zeit davor wurde das Gelände genutzt. Die Archäologen entdeckten zwei römische Übungslager, die vermutlich von den in Bonn stationierten Einheiten angelegt wurden. Zudem legten sie V-förmig geschnittene Gräben frei. Darin wurden – erstmals im Rheinland – auch faustgroße Steinkugeln entdeckt, die wohl für Angriffsübungen benutzt und mit Katapulten geschleudert wurden. Die runden Steine sind aus Tuff und Trachyt und stammen sehr wahrscheinlich aus der Region rund um den Drachenfels.

Mehr erfahren
Die Grubenhäuser
Vier rechteckige, dunkle Verfärbungen zeichnen sich von der umgebenden Braunerde ab. Hierbei handelt es sich um Wirtschaftsgebäude, den sogenannte Grubenhäuser, in denen verschiedene Haushandwerke ausgeführt wurden, wie z. B. die Textilherstellung, die Metallverarbeitung, die Verarbeitung von Lebensmitteln (backen) und die Produktion handaufgebauter Gefäßkeramik. Für diese Gebäude wurde eine zwischen 1,00-1,50 m tiefe Grube ausgehoben. Die Dachkonstruktion ist entweder als Sparren- oder Rofendach ausgeführt gewesen, die auf Eckpfosten oder auf Eck- und Firstpfosten lagerte. Anhand erhaltener Reste von Wandlehm mit Rutenabdrücken lassen sich die Grubenhäuser als Fachwerkhäuser rekonstruieren mit einer Bedachung aus Stroh oder mit Holzschindeln.

Foto: Silke Junick/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
Ein Kindergrab
Im Südosten der Grabungsfläche von 2010/2011 konnte im Randbereich der Siedlung ein Grab der 1. Hälfte des 8. Jahrhunderts festgestellt werden. Dieses enthielt eine Bestattung eines 7-12 Jahre alten Kindes. In diesem Zeitraum finden sich in den ländlichen Siedlungen zur Merowingerzeit immer wieder sogenannte Hofgrablegen, die nicht in den Reihengräberfeldern oder an neu entstandenen Kirchen bestattet wurden, sondern in der Nähe der Hofanlage.

Foto: Maika Neie/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
Eine Ringtrense –vielleicht verloren beim Pferdewechsel?
Die Nutzung der Ringtrensen ist vornehmlich im repräsentativen und nicht im landwirtschaftlichen Bereich zu sehen. Die Besitzverhältnisse dieses Fundes lassen sich heute leider nicht mehr rekonstruieren. Auch die Frage, ob wir im 6. Jahrhundert hier mit einem „Herrenhof“ zu rechnen haben oder eher mit einer „Straßenstation“, in denen Reisende ihre Pferde wechseln bzw. rasten konnten, bleibt hier leider unbeantwortet.
Diese Ringtrense aus dem 6. Jahrhunderts wurde aus der Verfüllung eines Grubenhauses geborgen. Die Trense ist ein Teil des Zaumzeugs; mit ihr kann der Reiter direkt auf das Pferd einwirken.

Foto: Jürgen Vogel/LVR-LandesMuseum Bonn
Beispiele für Handwerksstätten:

Foto: Christian Schwabroh/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
Der Arbeitsplatz des Schmieds
Auf der Sohle eines Grubenhauses fand sich eine stark verziegelte Fläche mit Rückständen der Metallverarbeitung, eine Schmiedeesse. Weitere Funde, die auf weitere nicht mehr erhaltene Schmiedeessen hindeuten, sind Reste von Steinumrandungen mit anhaftender Schlacke – Abfallprodukte beim Ausschmieden des Metalls – sowie zwei Ofendüsen, die Hinweise auf den Einsatz von Blasebälgen geben.
Die Weberei
Webgewichte, als Beschwerung der Kettfäden eines stehenden Webstuhls, sind ein Nachweis für die lokale Herstellung von Textilien. Dieses Haushandwerk ist für den Siedlungsplatz Bonn-Bechlinghoven für die Zeit letztes Drittel 5. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 8. Jahrhunderts nachgewiesen.
Quelle: LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland

Foto: Jürgen Vogel/LVR-LandesMuseum Bonn
Funde aus der Zeit danach:
Auch nach der merowingischen Epoche blieb der Platz für Siedler attraktiv. Beeindruckend sind die eingestürzten Grundmauern eines hochmittelalterlichen Hauses aus dem 11. bis 13. Jahrhundert, die in dessen ehemaligem Keller liegen. Das Gebäude gehörte offenbar zu einer Hofanlage, die den Grundeigentümern, den Grafen von Berg, zulieferten.
In dem Erdkeller eines Nebengebäudes bargen die Archäologen neben Keramikscherben auch drei komplett erhaltene Trinkgefäße aus Pingsdorfer und Siegburger Ware; ausgefallen auch der Fund eines gläsernen so genannten „Glättsteins“, der – erhitzt – entweder zum „Bügeln“ oder Imprägnieren (mit Wachs) von Textilien diente.
DANKSAGUNG
Die Gestaltung dieser Station des Geschichtsweges wurde dank finanzieller Unterstützung von Tankstelle Q1 (Thomas Scherer) ermöglicht.
Wir danken dem General-Anzeiger Bonn, dem LVR Rheinland Amt für Bodendenkmalpflege, der Bonner Rundschau und dem LVR LandesMuseum Bonn für wertvolle Hinweise und die freundliche Überlassung von Fotos.