STATION 8: VOLLE PUNKTZAHL
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INFORMATIONEN ZUR STATION 8: VOLLE PUNKTZAHL
Hier stehen wir am Rand der Mutter-Barat-Siedlung. Das Bauvorhaben war zu Beginn der 1960er Jahre die erste große Wohnungsbaumaßnahme in Bechlinghoven. Innerhalb von drei Jahren entstanden zwischen der Alten Schulstraße und der von- Ketteler-Straße 43 Eigenheime.
In einem beeindruckenden Kraftakt errichteten Siedler in Eigenleistung auf einem etwa drei Hektar großen Gelände, das dem Herz-Jesu-Kloster in Pützchen gehörte und bis dato von diesem für landwirtschaftliche Zwecke genutzt worden war, die Mutter-Barat-Siedlung.
Knochenarbeit nach Feierabend
“Es war Knochenarbeit für alle”, erinnert sich der Ur-Siedler Rudi Rösner im Bonner General-Anzeiger vom 23.09.2011. “Wir waren alle voller Spannung und Erwartung auf das neue Heim und packten dementsprechend mit an. Hier war kein Unternehmer am Rohbau beteiligt,“ erzählt Rösner, der am 29.11.2023 mit 90 Jahren verstorben ist. Anfangs seien viele spätere Siedler skeptisch gewesen, als sie erstmals von dem Projekt hörten. “Nicht jeder konnte sich vorstellen, dass ungelernte Arbeiter ein ganzes Haus bauen können”, erinnerte sich der gelernte Schriftsetzer.
Werbung von Kanzel
In der Pützchener Kirche hatte Pastor Peter Breideneich Werbung für die Siedlung gemacht. Dort hörten viele das erste Mal von der Idee. Die Menschen ließen sich begeistern.
Wer ein Haus bauen wollte, musste Bedingungen erfüllen.
Voraussetzung, um überhaupt in die Interessentenliste aufgenommen zu werden, war der Wille zur Arbeit, der Wille zum Sparen und die Mitgliedschaft im katholischen Niklauswerk. Diese Organisation ging auf Männer wie Dr. Paul Dahm und Nikolaus Ehlen zurück. Beide waren im Katholizismus verwurzelte Pioniere des Selbsthilfe-Siedlungsbaus.
Als genug Interessenten gefunden waren, gewann man als Träger für die Vorfinanzierung die Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft für das Rheinische Braunkohlenrevier Köln (GSG).
Die Frage nach der Grundstücksverteilung wurde unbürokratisch gelöst. Jeder Siedler suchte sich 650 Quadratmeter aus.
Zwei Standard-Haustypen zu Auswahl
Zwei Haustypen, die das Architekturbüro Bury aus Brühl entworfen hatte, standen zur Auswahl. Der Grundriss entsprach immer acht mal acht Meter. So konnten die Schalungen für die Grundmauern des Kellers oder andere Bauteile mehrfach benutzt werden, Effizienz wurde großgeschrieben.
Zwei staatlich geprüfte Landmesser, die unter den Siedlern waren, übernahmen nach Feierabend das Abstecken der Grundstücke und der Häuser. Jeder lernte voneinander und half, wo er nur konnte. Unter den Siedlern waren vier Maurer, sie übernahmen jeweils eine Baugruppe und leiteten die Laien, so gut es ging, an. Jeder Bauherr brachte Fähigkeiten mit in die Gemeinschaft ein, die allen zugute kamen.
Selbstständigkeit und Selbstverantwortung als Maxime
Die Philosophie des hinter dem Projekt stehenden Niklauswerkes war: die Siedler sollten eine gewisse Selbstständigkeit mit Viehhaltung und eigenem Ackerbau erlangen, die sie wirtschaftlich unabhängig machte. Jedes Grundstück bot genügend Platz für den Anbau von Obst und Gemüse. Was später als Garage genutzt wurde, war im Bauplan als Stall für Ziegen und Schafe deklariert worden.
„Alles neu macht der Mai…“
Am 2. Mai 1961 wurde die erste Baugrube ausgehoben. Die eingeschränkten Fähigkeiten der neuberufenen Handwerker stellten kein Problem dar. Der damalige Pioniergeist wirkte sich wie eine Triebfeder auf die 43 Siedler-Familien aus.
Punktesystem
Zug um Zug zogen die Kolonnen die Häuser hoch. Wessen Haus als erstes gebaut werden sollte, berechnete Dahm mit einem Punktesystem. Es gab Punkte für die Wohnsituation, fürs Sparen und für die geleistete Arbeit. Das Minimum an technischem Gerät, wie einfache Mischmaschinen und Schrägaufzüge, lieh man sich bei einem Düsseldorfer Bauhof aus.
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Die Visionäre Paul Dahm und Nikolaus Ehlen
Die Vision zur späteren Mutter-Barat-Siedlung hatte der als Siedlungsvater bekannt gewordene Dr. Paul Dahm. Zusammen mit Nikolaus Ehlen initiierte er im Rheinland unzählige Bauprojekte, die auf Selbst- und Nachbarschaftshilfe basierten.
Als Dahm Ende der 50er Jahre von der Absicht des Herz-Jesu-Klosters erfuhr, das drei Hektar große, landwirtschaftlich genutzte Gelände zu verkaufen, begann er, bei E.M. Kanold, der Oberin in Pützchen, und der Generaloberin E.M. Sabine de Valon in Rom, für die Initiative zu werben.
Mutter Barat -Gründerin des Sacre-Coeur-Ordens-
Anselm Verbeek schreibt im Internetportal katholisch.de:
„Vorbild für Barats Ordensgemeinschaft war die Gesellschaft Jesu. Wie die Jesuiten wollten die Sacre-Coeur-Schwestern als eine religiöse Gesellschaft ohne Klostermauern für das christliche Menschenbild werben. Fast 60 Jahre hat “Mutter Barat”, wie die 26-jährige Sophie Barat seit ihrer Wahl zur Generaloberin 1806 genannt wurde, ihren Orden geleitet. Als sie am 24. Mai 1865 im Pariser Mutterhaus starb, umfasste die Kongregation 89 Niederlassungen mit rund 3.500 Schwestern.
Sophie Barat sorgte für das leibliche und geistliche Wohl der Gemeinschaft: Aus ihrer Unterrichtspraxis und erfolgreichen pädagogischen Modellen, besonders dem Lehrplan der Jesuiten, entwickelte sie ein eigenes Erziehungssystem.“
Sophie Barat investierte die Einkünfte aus den Internaten, die von den Töchtern der gehobenen Gesellschaftsschichten besucht wurden, in sogenannte Freischulen. Dort erhielten Kinder aus den weniger privilegierten Schichten kostenlosen Unterricht.
Die Kirche ehrte ihr Werk 1925 mit der Heiligsprechung.